Sehr geehrte Damen und Herren,

im Geschäftsjahr 2023 hat sich die weltweite Konjunktur aufgrund verschiedener globaler Entwicklungen deutlich abgeschwächt. Der anhaltende menschenverachtende Angriff Russlands auf die Ukraine, die Konflikte im Mittleren Osten und die zunehmende wirtschafts- und geopolitische Aggressivität Chinas wirken sich neben Inflation, Zins- und Energiekostenentwicklungen besonders stark auf die europäische Wirtschaft und damit den wichtigsten Markt von PCC aus.

Nach den Rekordergebnissen in den Jahren 2021 und 2022 musste auch PCC diesen Entwicklungen Tribut zollen. Sowohl der Umsatz mit 993,6 Millionen Euro, das operative Ergebnis vor und nach Abschreibungen mit 112,3 bzw. 33,4 Millionen Euro wie auch das mit – 20,8 Millionen Euro negative Vorsteuerergebnis waren deutlich rückläufig. Damit liegt PCC im Trend der Industrien und Märkte, in denen wir tätig sind.

Dieses herausfordernde Umfeld verlangt unseren hochqualifizierten und -motivierten Mitarbeitern ein hohes Maß an zusätzlichen Anstrengungen ab. Hierfür möchte ich im Namen des Managements der PCC SE unserer gesamten Belegschaft einen besonderen Dank aussprechen. Wir können stolz darauf sein, unser Unternehmen mit viel Kraft und Kreativität ständig weiterzuentwickeln und mit Effizienzsteigerungen, Innovationen und strategischer Weitsicht für die Zukunft zu rüsten.

Mit Ausnahme des Segments Handel & Services waren die Ergebnisse aller Segmente von PCC gegenüber dem Rekordjahr 2022 rückläufig. Im Chlorgeschäft hat sich das EBITDA auf 100,0 Millionen Euro halbiert. Dass hier trotz der hohen Energiekosten ein signifikanter Ergebnisbeitrag geleistet werden konnte, ist auf die konsequente Umrüstung und den Ausbau unserer Chloralkali-Elektrolyse in eine durchgehend hocheffiziente und umweltfreundliche Anlagentechnik zurückzuführen.

Dr. Peter Wenzel

Vorstandsvorsitzender der PCC SE

Energie, Rohstoffe und Arbeit sind in Europa im globalen Vergleich teuer, hohe regulatorische Auflagen führen aktuell zu weiteren Wettbewerbsnachteilen. PCC steuert hier durch kontinuierliche Kosten- und Effizienzoptimierungsprogramme gegen, wie auch über die ständige Weiterentwicklung unseres bereits über 1.300 Produkte umfassenden Portfolios an Basis- und Spezialchemikalien. Ziel ist dabei die Schaffung höheren Kundennutzens und damit stärkerer Kundenbindungen verbunden mit der schrittweisen Entkopplung von umkämpften Commoditymärkten.

» Die Zukunftsorientierung von PCC manifestiert sich in dem zum Vorjahr um 23 Prozent gesteigerten Investitionsvolumen von 142,5 Millionen Euro. Unsere Investitionen sind auf die Expansion unserer Kerngeschäfte in Europa, Asien und Nordamerika fokussiert.«

Dr. Peter Wenzel
Vorstandsvorsitzender der PCC SE

Angesichts eines sich verschärfenden, teilweise unfairen Wettbewerbs aus Fernost werden öffentliche Diskussionen lauter, dass die heimische Industrie gegen solche Einflüsse geschützt werden müsse. PCC ist hier insbesondere im Siliziumgeschäft stark betroffen, wo Billigimporte aus China auf Basis nicht vergleichbarer Arbeitssicherheits-, Umwelt- und Sozialstandards weiterhin das Preisniveau in Europa determinieren. Aber auch bei Polyolen und Ethoxylaten beobachten wir aufgrund des teils staatlich geförderten Aufbaus massiver Überkapazitäten bei gleichzeitig schwacher Binnennachfrage in China einen enormen Exportdruck, welcher sich über einen teilweise ruinösen Preiskampf entlädt. Die Parallelen zur Automobil- und Photovoltaikbranche sind offenkundig.

PCC fordert eine Industriepolitik, die sich stärker an unseren Werten orientiert, etwa durch deutlich schärfere Vorschriften zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten. Hier steht Europa deutlich hinter den USA zurück, wo etwa gegen Solarmodule und andere Produkte aus der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang wegen der dort beobachteten Zwangsarbeit gezielte Importverbote verhängt wurden.

In besonderen Fällen ist sogar die Erhebung von Strafzöllen unvermeidlich. Unserem Geschäftsbereich Phosphor & Derivate ist es in einem aufwändigen, gemeinsam mit weiteren europäischen Produzenten geführten mehrjährigen Verfahren gelungen, dass nun auf EU-Ebene Importzölle in Höhe von 45 bis 68 Prozent auf bestimmte Produkte (TCPP und TEC) verschiedener chinesischer Hersteller erhoben werden.

In einigen Bereichen sind solche Maßnahmen erforderlich, um die Deindustrialisierung Europas und die damit verbundene Steigerung der Abhängigkeit unserer Gesellschaft von bestimmten Exportregionen zu vermeiden. Für uns ist es zum Beispiel unverständlich, dass die für die Umsetzung der Energiewende so wichtige Photovoltaikproduktion zu bis zu 98 Prozent in China stattfindet. Strom zählt zur strategischen Infrastruktur und wird zukünftig immer stärker aus Solarenergie gewonnen werden. Die Investitionen in diesen Sektor werden immens sein, die Wertschöpfung findet aber so gut wie gar nicht in Europa statt. PCC hat mit dem hocheffizienten Siliziumwerk in Island einen Eckpfeiler für diese Industrie, der jedoch nahezu ungeschützt dem Wettbewerb aus China ausgesetzt ist. Hier bedarf es dringend einer Angleichung der Wettbewerbsbedingungen und einer strategischeren Ausrichtung der europäischen Wirtschaftspolitik.

Die isländische PCC BakkiSilicon hf. produziert seit Januar 2024 wieder in Volllast, während 2023 über zehn Monate nachfragebedingt nur einer der beiden Lichtbogenöfen in Betrieb war. Für die zweite Jahreshälfte 2024 wird eine Kostendeckung der Produktion angestrebt, welche durch stetige Optimierung der Siliziumausbeute und unserer Kostenposition erreicht werden soll.

Die Zukunftsorientierung von PCC manifestiert sich auch in dem im Geschäftsjahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent erneut gesteigerten Investitionsvolumen von 142,5 Millionen Euro. Der Wert unseres Beteiligungsportfolios betrug zum Stichtag 31. Dezember 2023 1,2 Milliarden Euro – rund 7 Prozent höher als im Vorjahr.

Unsere Investitionen sind auf die Expansion unserer Kerngeschäfte Polyole, Tenside und Chloralkali in Europa, Asien und Nordamerika fokussiert. In Polen investieren unsere wichtigsten Beteiligungen PCC Rokita SA und PCC Exol SA in die Verdoppelung ihrer Ethylenoxid- und Propylenoxid-basierten Produktionskapazitäten. Damit können Einkaufsbedingungen und Marktpositionen in unseren Heimatmärkten deutlich verbessert werden. Die Kapazität unserer Chloralkalianlage in Brzeg Dolny (Polen), wird aktuell mit einer Investition in zwei weitere Elektrolyseure ebenfalls erhöht, was eine variablere Produktion und damit eine Intensivierung der Teilnahme am lukrativen Strom-Regelenergiemarkt ermöglichen wird.

Die Alkoxylateanlage unseres Joint Ventures mit PETRONAS Chemicals Group in Kerteh (Malaysia) ist nahezu ohne Zeitverzug und Kostenüberschreitung fertiggestellt worden. Lediglich bei der Bereitstellung zweier Vorprodukte am Standort gab es kleine Verzögerungen. Marktseitig ist aber auch hier festzustellen, dass insbesondere Südostasien von Dumpingexporten aus China betroffen ist, weshalb der Vertrieb aktuell auf margenstärkere Märkte fokussiert wird.

Seit längerem ist zu beobachten, dass die Wirtschaft Nordamerikas aufgrund vorteilhafter Energie- und Rohstoffkosten, aber auch einer klarer auf die Belange der heimischen Industrie ausgerichteten Wirtschaftspolitik gegenüber den oben beschriebenen globalen Einflüssen mehr Resilienz zeigt. Aus diesem Grund legen wir ein besonderes Augenmerk auf den Ausbau unserer Aktivitäten in dieser Region. Neben der für die Entwicklung einer Alkoxylateproduktion verantwortlichen PCC Chemicals Corporation haben wir am 29. Februar 2024 eine weitere US-Projektgesellschaft gegründet: die PCC GulfChem Corporation. Deren Ziel ist es, das erfolgreiche integrierte Chlorchemiegeschäft der PCC nach Nordamerika zu expandieren. Hierfür wurde ein möglicher Produktionsstandort an der US-Golfküste mit exzellenter Infrastruktur gesichert. Bereits jetzt erweitern wir unsere Vertriebstätigkeiten mit neuen Experten vor Ort, aktuell werden dort unsere Produkte aus Europa und Asien in Vorbereitung unseres geplanten Kapazitätsaufbaus vor Ort vorvermarktet. Damit kommen wir unserem Ziel näher, unseren globalen Geschäftspartnern den hohen Produktqualitäts- und Servicestandard der PCC-Gesellschaften in den wichtigsten Märkten der Welt anbieten zu können.

Die neue Alkoxylateanlage unseres Joint Ventures mit der PETRONAS Chemicals Group in Kerteh (Malaysia)
Für Wertschöpfung in Europa: Hocheffiziente Siliziummetall-Anlage der PCC BakkiSilicon hf. in Húsavík (Island)

Besonders stolz sind wir auf die Evolution unserer Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und das enorme Engagement, mit denen die über 300 in unseren verschiedenen Qualitäts- und F&E-Labors Beschäftigten gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Geschäftseinheiten vielfältige Produktinnovationen vorantreiben. Allein PCC Rokita SA und PCC Exol SA haben 2023 über 60 neue Produkte auf den Markt gebracht, weitere 150 sind in der Entwicklung. Die erfolgreiche Inbetriebnahme des neuen F&E-Zentrums an unserem Standort Brzeg Dolny mit modernster Ausstattung auf über 6.000 m² Fläche ist ein bedeutender Meilenstein für diesen Bereich und ein Aushängeschild für die gesamte PCC-Gruppe.

Auch im wichtigen Batteriegeschäft ist unsere PCC Thorion GmbH in Kooperation mit verschiedenen Forschungseinrichtungen, u.a. der Fraunhofer ISE in Freiburg, dabei, ein hocheffizientes Nanosilizium-Kohlenstoff-Anodenmaterial und die darauf abgestimmten Elektrolyt-Additive zu entwickeln. Hier spielt auch die neu gegründete PCC ChloroSilanes Sp.z o.o. mit der parallelen Forschung an der Herstellung von Silizium-Nanopulver in einem auf Chlorsilanen basierenden Plasmaprozess hinein. Diese Gesellschaft hat im Dezember 2023 die Technologie sowie Anlagenkomponenten für eine Chlorsilaneproduktion erworben. Die Produktionsanlage soll an unserem Hauptstandort in Polen neu aufgebaut werden und unsere Kompetenz in der Chlor- und Siliziumproduktion verbinden.

Es ist unsere Pflicht, das Wachstum der verschiedenen Geschäfte von PCC verantwortungsbewusst und nachhaltig zu gestalten. Unsere Investitionsprojekte greifen daher immer auf moderne, ressourcenschonende Technik zurück. Darüber hinaus entwickeln wir Klimaschutzprojekte, etwa zur Herstellung von grünem Methanol aus lokal produziertem, klimaneutralem Wasserstoff und dem CO2-Gehalt des Abgasstroms aus unserer Siliziumanlage in Island, und diverse Produkte auf biogener Rohstoffbasis. Die Umsetzbarkeit der Projekte hängt jedoch von der Bereitschaft potenzieller Abnehmer ab, gewisse Mehrkosten bei der klimaneutralen Produktion zu akzeptieren. Diese ist in dem aktuellen Umfeld einer angespannten Konjunktur jedoch noch begrenzt.

Absolut im Trend hoher Nachhaltigkeit liegt auch unsere PCC Intermodal S.A. mit ihrem umweltschonenden intermodalen Containertransportgeschäft. Mit aktuell fünf Umschlagterminals in Polen und Deutschland, eigenen Containerwaggons und Lokomotiven ermöglicht sie die Verlagerung des Transports von der Straße auf die Schiene und leistet damit einen signifikanten Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen im Transportsektor. Gleichzeitig treibt sie die Investition in drei neue Containerterminals weiter voran.

Wir bei PCC sehen uns in der Verantwortung, die sich in unseren Geschäften ergebenden Chancen agil und kreativ zu nutzen – immer verbunden mit einem konservativen Risikomanagement, einem ressourcenschonenden Vorgehen und in zuverlässiger, ehrlicher Zusammenarbeit mit unseren Partnern.

Unseren Investoren und Geschäftspartnern danke ich für das uns entgegengebrachte Vertrauen – ein nicht nur im Geschäftsleben hohes Gut, welches uns mit Stolz und Zuversicht für die kommenden Herausforderungen erfüllt!

Ihr Peter Wenzel
Vorstandsvorsitzender der PCC SE